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Bielefelder Verein fördert junge Menschen

By 10. Januar 2024Allgemein

Hannah Winkelmann und Daniel Kirchkessler geben bei den Hausaufgaben Unterstützung für die Schüler der Fußballakademie des VfB Fichte. | © Torben Ritzinger

 

Preisgekröntes Projekt des VfB Fichte für Fußball und viel mehr
Der Sportverein hat beim Wettbewerb „Sterne des Sports“ den ersten Platz abgeräumt. So nimmt er seine Verantwortung als gesellschaftlicher Akteur wahr.

Bielefeld. Die Stimmung im Vereinsheim des VfB Fichte ist prächtig. Es gibt im „Nadelholz“ zum Mittagessen Hot Dogs. Eine Ausnahme, wie Daniel Kirchkessler bestätigt. „Die Jungs haben gegen uns eine Wette gewonnen“, erzählt der sportliche Leiter des VfB Fichte schmunzelnd. Normalerweise gibt es in der Vereinsgaststätte an der Rußheide frisch gekochte Gerichte, um die Teilnehmenden der Fußballakademie des VfB Fichte für das Nachmittagsprogramm zu stärken.

Denn nach dem gemeinsamen Essen steht das „Pflichtprogramm“ an. Bei Hannah Winkelmann werden unter Aufsicht die Hausaufgaben erledigt und verschiedene weitere schulische Themen behandelt. Wichtig ist der Pädagogin, dass die Mischung aus einem spielerischen und ernsthaften Ansatz stimmt. Denn da es nicht nach Lehrplan geht, steht hier die individuelle Entwicklung im Vordergrund. „Wir lesen uns hier viel gegenseitig vor, denn auch die Älteren können oftmals nicht fehlerfrei lesen“, berichtet Winkelmann über Defizite, die im Schulalltag nicht immer ausreichend aufgearbeitet werden können.

1.500 Euro fließen direkt ins Projekt
Seit mehr als einem Jahr findet die Fußballakademie des VfB Fichte mittlerweile statt und lässt ein Zwischenfazit zu. Schließlich gewann der Verein aus dem Osten der Innenstadt beim Lokalentscheid „Sterne des Sports“ die goldene Auszeichnung und 1.500 Euro Preisgeld, die direkt ins Projekt eingeflossen sind. Zudem war der VfB beim Landesentscheid in Oberhausen dabei und bekam viel positives Feedback, wenn auch keinen weiteren Preis. Doch lohnt sich dieses Engagement und die Kombination aus Fußball und Bildung?

Die Verantwortlichen sind überzeugt von ihrem Konzept: „Wir leisten hier Integrationsarbeit und können den Kindern und Jugendlichen einen Mehrwert bieten“, meint Daniel Kirchkessler. Der 31-Jährige ist als Projektleiter während des Betreuungszeitraums von 14 bis 17.30 Uhr als Ansprechpartner, Vertrauensperson und Koordinator vor Ort. Jeden Dienstag bis Donnerstag, ausgenommen der Schulferien, stellt der VfB Fichte die Ressourcen bereit, um bis zu 20 Kindern zu betreuen. „Wichtig ist uns, dass das Angebot freiwillig ist“, betont Kirchkessler. So soll den überwiegend 13 bis 15-jährigen Schülern – eine weibliche Person ist momentan noch nicht dabei – der Druck genommen werden, der im Schulalltag auf ihnen lastet.

Erst Schularbeit, dann Techniktraining
Als Highlight und Anreiz steht nach einer Stunde „Schularbeit“ ein zusätzliches Fußballtraining auf dem Programm. Die meisten der Teilnehmenden sind zwar bereits in der Fußballabteilung des VfB Fichte aktiv, doch das Techniktraining von Ferhat Kilic sei noch mal etwas anderes. Es ist individuell und intensiv. „Sie zeigen eine sehr hohe Begeisterung“, meint der Übungsleiter.

Kilic und Kirchkessler spüren ein anderes Verhältnis zu den Schülern, als bloß als Trainer. „Hier dürfen sich die Jungs auch mal fallen lassen“, betont Kirchkessler. Er wisse, dass es nicht nur in der Schule, sondern auch daheim oftmals schon genug Stress gebe. „Viele Eltern sind heutzutage alleinerziehend und müssen arbeiten“, gibt Kirchkessler Einblicke.

Die Stadt begrüßt das Projekt ausdrücklich
Zwar bietet die Stadt Bielefeld flächendeckend Ganztagsplätze an. Den Ansatz des Fichte-Projektes begrüßt die Stadt gleichzeitig ausdrücklich und hebt neben der Auszeichnung seitens der Volksbank hervor: „Der Verein hat für die Durchführung des auf Spenden basierenden Projektes den Förderverein Breitensport VfB Fichte Bielefeld e.V. gegründet.“ Derweil gehen derzeit etwa 65 Prozent der Kinder in die Ganztagsbetreuung an den Grundschulen, wo ab 2026 ein Rechtsanspruch greift. Für die weiterführenden Schulen liegen der Stadt Bielefeld keine Zahlen vor.

Zum einen muss außerdem das Geld bei den Eltern da sein, zum anderen braucht es die Disziplin bei den Jugendlichen. „Wenn sie allein nach Hause kommen wissen wir, was passiert“, sagt Kirchkessler. Womit er primär die Schädlichkeit der sozialen Medien anprangert. „Wir können beobachten, welchen Einfluss das unkontrollierte Anschauen irgendwelcher Videos hat“, erklärt Kirchkessler. Beim VfB Fichte seien die Jungs hingegen mit Gleichgesinnten zusammen und hätten soziale Kontrolle durch die Aufsichtspersonen.

Gegenseitige Unterstützung und Lob für die Schüler
Dazu zählt seit Beginn Hannah Winkelmann, die jeden Mittwoch und Donnerstag an der Rußheide mit den Schülern arbeitet. Wichtig ist der Lehramtsstudentin, dass alle Schülerinnen gefördert werden und Lob für kleinere Erfolgserlebnisse erhalten, statt frustriert nach Hause zu gehen. Aus ihrem Alltag als studentische Lehrkraft an einer Grundschule wisse sie, wie schwierig diese Aufgabe manchmal sei.

„Mir ist auch wichtig, dass sich die Schüler gegenseitig etwas beibringen“, sagt Winkelmann. Auch für Geflüchtete ist der VfB Fichte da. So betreut Winkelmann den etwa 20-jährigen Salif, der aus Guinea stammt. „Während er von mir deutsch lernt, bringt er mir französisch bei“, verrät Winkelmann.

Mehr Geflüchtete integrieren
Für die Zukunft hofft der Verein neben weiteren interessierten, qualifizierten Betreuerinnen und Betreuern auf die Kooperation mit Ämtern der Stadt, um mehr Geflüchtete im VfB Fichte und somit in Bielefeld zu integrieren. Nicht nur deshalb soll das Angebot bald für alle Abteilungen des Vereins geöffnet werden.

Gesehen und wertgeschätzt zu werden sowie Kommunikation und ein gutes Miteinander sind die Grundpfeiler der Fichte-Akademie. Von den Eltern gebe es für das Konzept viel Lob, erzählt Kirchkessler. Er sieht dabei die Rolle des Vereins für Bewegungsspiele und generell aller Clubs im Wandel, um als gesellschaftlicher Akteur weiterhin eine Vorbildfunktion auszufüllen. „Wir würden uns natürlich freuen, wenn derartige Projekte Nachahmer in Bielefeld finden würden“, schließt Kirchkessler.

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