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Kein Meister, kein Absteiger: Komplette Bielefelder Fußballsaison annulliert

By 20. April 2021Fußball

Keine andere Wahl: Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen erklärt die Saison für beendet. Besonders bitter für die Aufsteiger.

Nicole Bentrup
20.04.2021 | Stand 19.04.2021, 18:24 Uhr

Bielefeld. Der 19. April brachte als D-Day jenseits bundespolitischer Entscheidungen in K-Fragen auch den Durchbruch in der A-Frage des westfälischen Amateurfußballs. A wie Annullierung – nicht wie Abbruch. Die Saison 2020/21 ist mit Verkündung um 14.30 Uhr für null und nichtig erklärt und somit praktisch nie ausgetragen worden. Der Unterschied zwischen der vom Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) ausgesprochenen Annullierung und eines Abbruchs ist der, dass keinerlei Wertung vorgenommen wird.

FLVW-Präsident Gundolf Walaschewski eröffnete die eigens anberaumte Video-Pressekonferenz tief durchatmend: „Es ist vorbei.“ Dies gelte auch für die Verbände Mittel- und Niederrhein und somit für den gesamten westdeutschen Bereich. Im FLVW-Statement hieß es: „Das Infektionsgeschehen und die damit verbundenen politischen Entscheidungen lassen uns keine andere Wahl, als die Spielzeit 2020/2021 zu annullieren. Dies betrifft sowohl die laufenden Meisterschaftswettbewerbe der Männer und Frauen inklusive des Ü-Bereichs und Futsal-Ligaspielbetriebs als auch die der Jugend. Es gibt also weder Meister noch Auf- und Absteiger.“

Bis zuletzt hatte der Verband auf Zeit gespielt, um zumindest in einzelnen Staffeln noch die 50-Prozent-Quote bei den ausgetragenen Spielen zu ermöglichen und somit Auf- und Absteiger zu ermitteln. Der für den Amateurfußball verantwortliche FLVW-Vizepräsident Manfred Schnieders erklärte: „Spätestens jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir einen Schlussstrich ziehen müssen. Angesichts der bundesweiten Notbremsen-Regelung sowie weiter stark steigenden Infektions- und Inzidenzzahlen ist ein realistischer Zeitpunkt für die flächendeckende Wiederaufnahme des Spielbetriebes nicht absehbar.“

„Wir müssen einen Schlussstrich ziehen“

Nach einer Einzelbetrachtung der jeweiligen Staffeln sei es unter Berücksichtigung einer angemessenen Vorbereitungszeit auch rechnerisch nicht mehr möglich, die für eine Wertung erforderliche Anzahl an Partien zu erreichen. Stand jetzt seien in den unterschiedlichen Ligen erst 22 bis 23 Prozent der Spiele ausgetragen.

Walaschewski ergänzte: „Selbst wenn durch die anschließende Coronaschutzverordnung des Landes NRW der Kontaktsport auch im Amateursportbereich ab dem 9. Mai 2021 wieder möglich wäre, könnte unter Einberechnung einer Vorbereitungszeit von vier Wochen die Wiederaufnahme des Spielbetriebs frühestens am 13. Juni 2021 erfolgen. Dann würden uns bis zum Ende der Spielzeit am 30. Juni noch circa drei Wochen bleiben, um 50 Prozent der Spiele zu erreichen. Und genau dies ist nicht zu schaffen. Wir haben die Entscheidung so lange wie rechtlich notwendig und moralisch vertretbar aufgeschoben. Wir dürfen als Verband nicht zu einer Gesundheitsgefährdung beitragen.“

Die Westfalenligisten bleiben in der Liga

Für die Bielefelder Westfalenligisten VfL Theesen und den VfB Fichte bedeutet dies den Klassenerhalt, der besonders beim VfB arg gefährdet war. Der TuS Dornberg hat somit nur eine acht Spieltage währende Aufsteiger-Saison gespielt und stand dort auf Platz zwei. Schnieders sagte, er habe vollstes Verständnis für Enttäuschung bei ambitionierten Vereinen. Die FLVW-Spitze erklärte zudem, dass sich die 29 Kreise des westfälischen Verbandes der Annullierung anschließen.

Eine weitere Videokonferenz kündigt der FLVW für die noch im Westfalenpokal aktiven Vereine an. Aus Bielefeld sind dies Dornberg und der TuS 08 Senne I. Für den Pokal werde mit den Klubs ein gesondertes Verfahren erarbeitet werden. Walaschewski schloss: „Ich muss gestehen, dass ich erleichtert bin.“

Stimmen zur Annullierung der Fußball-Saison 2020/21:

Andreas Brandwein, Trainer vom Westfalenligisten VfL Theesen: „Diese Entscheidung überrascht mich nicht. Ich finde es nur schade, dass man den Amateurfußballern nicht wenigstens einen Trainingsbetrieb ermöglicht hat. Für mich ist es natürlich schade, dass es nach nunmehr 16 Saisons beim VfL Theesen so zu Ende geht. Allerdings habe ich mich seit geraumer Zeit damit abgefunden. Ich bin stolz, dass ich nach so langer Zeit die Mannschaft als Westfalenligisten übergeben kann.“

Philipp Willmann, Trainer des vom Westfalenligisten VfB Fichte: „Ich bin froh, dass wir nun Planungssicherheit haben. Zumindest was das Thema Ligazugehörigkeit angeht. Eine frühere Bekanntgabe wäre wünschenswert gewesen.“

Für die FLVW-Verantwortlichen ist es auch nicht leicht

Jens Horstmann, Trainer vom Landesligisten TuS Dornberg: „Ich habe die ganzen letzten Wochen die Aufregung nicht verstanden. Der FLVW hat immer klar kommuniziert, dass man sich nicht unter Druck setzen lässt. Niemand hätte im Januar/Februar sagen können, wie es im April aussieht. Ich habe es entspannt gesehen. Für die Verantwortlichen beim FLVW ist das auch nicht immer leicht. Sie sitzen in einer Pattsituation. Ich finde es unfair, dass sie häufig angegangen werden. Sie haben letztlich nur logisch gehandelt. Zum jetzigen Standpunkt ist es der einzig richtige Schritt, der niemandem wirklich weh tut. Ich fühle mich als Landesliga-Zweiter in keiner Weise betrogen, weil eine Tabelle nach acht Spielen nicht exemplarisch ist. Sicherlich gibt es immer Ausnahmen. Für den FC Gütersloh, der in die Regionalliga hätte aufsteigen können, ist es sicher bitter. “

„Wir haben schon für die neue Saison gearbeitet“

Jörg Pundmann, sportlicher Leiter des Bezirksligisten TuS Brake: „Wir sind natürlich enttäuscht, aber bei der momentanen Lage war es nicht anders zu erwarten. Wir als TuS Brake haben schon im Vorfeld für die neue Saison gearbeitet. Dieses Jahr zu planen war sehr anstrengend. Mich ärgert, dass die Politik den Amateursport recht stiefmütterlich behandelt.“

Tobias Demmer, sportlicher Leiter des Bezirksligisten TuS Jöllenbeck: „Die Entscheidung ist richtig. Aus unserer Sicht kommt sie etwas zu spät. So war es über Monate ein Hin und Her. Jetzt planen wir für die kommende Saison und gut ist.“

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